Werk im Fokus
Autorin: Bettina Baumgärtel
Die trauernde Freundschaft – Eine Neuentdeckung?
2020 tauchte im amerikanischen Handel ein Gemälde auf, von dem wir nur vermuten können, dass es ein lang gesuchtes Original von Angelika Kauffmann ist.
Wir wissen, dass Angelika Kauffmann ein Gemälde mit dieser Darstellung kurz nach ihrer Ankunft in London gemalt hat. Zuletzt wurde es 1924 in der Monographie von Manners und Williamson Angelica Kauffmann R.A. in einer schlechten Schwarz-Weiß Abbildung veröffentlicht, seither galt es als verloren.
Kauffmann mietete ab 1766 eine Wohnung bei der Familie Robert und Mary Home. Deren Tochter Anne Home wurde als Dichterin bekannt. Anne führte einen Salon, in dem der engste Kreis von emanzipierten Frauen, den Bluestockings wie Elizabeth Carter, Mary Delany oder Elizabeth Montagu verkehrten. 1764 verlobte sie sich und 1771 verheiratete sie sich mit John Hunter, einem bekannten Chirurgen.
Als die Tochter von General Stanwix bei der Überfahrt nach Irland tragischerweise bei einem Schiffsunglück ertrank, verfasste Anne Home das Gedicht To the Memory of Miss Susanne Stenwix:
„On the dark Bosom of the faithless Main, –
Where stormy Winds and roaring Tempests reign,
Far from her native Fields and friendly Skies,
In early Death´s Cold Arms FIDELIA lies. –
Ah! spare to tell (for she is now no more)
What Virtue, Beauty, Sweetness, charm´d before:
Here let the pensive Muse in silence Mourn,
Where friendship to her Name has ras´d [sic: rais’d] the sacred Urn.”
Angelika Kauffmann, die sich mit Anne Home anfreundete, schuf daraufhin ein Gemälde, das eine neue Bildtradition einläutete. Die Darstellung der Muse der Freundschaft, die gefühlvoll die Urne umfasst, lässt die Todesumstände der ums Leben gekommenen jungen Frau außer Acht. Vielmehr handelt es sich um ein allegorisierendes Memorialbild. Damit entwickelte die Künstlerin eine ganz eigene Bildsprache des empfindsamen Freundschaftskults, indem sie die Urne als Symbol des Todes mit der Muse der Freundschaft zu einem natürlichen Sinnbild der trauernden Freundschaft verdichtete.
Die Künstlerin übertrug die Darstellung 1767 auch auf eine Radierplatte. Dort wird in der Legende das Gedicht ihrer Freundin, der Schriftstellerin Anne Home zitiert.
Das neu aufgefundene Gemälde könnte ein sensationeller Fund sein. Leider konnten wir das Gemälde, das sich heute in den USA befindet, bislang nicht prüfen. Die Eigentümerin meldete sich 2020 beim AKRP.
Das AKRP-Team hofft auf die Chance, das Gemälde genauer untersuchen zu können, denn falls es sich um das Original handelt, das wir über 30 Jahre lang gesucht haben, könnte es endlich wieder dem Œuvre der Künstlerin hinzugefügt werden.
Zitierhinweis:
Baumgärtel, Bettina: Angelika Kauffmann – Werk im Fokus, in: Angelika Kauffmann Research Project – online, https://www.angelika-kauffmann.de/werk-im-fokus [hier Abrufdatum einfügen]
Es war eine Sensation
2014 kehrte das Bildnis der Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach nach Weimar zurück. Seit Ende des zweiten Weltkrieges galt es in Polen als verschollen. Als das Gemälde 2011 auf dem Londoner Kunstmarkt angeboten wurde, fragte das Auktionshaus Sotheby‘s zuerst beim AKRP an. Später im Mai 2011 wurde die Klassik Stiftung Weimar informiert und langwierige Verhandlungen führten schließlich zu einem glücklichen Ende. Das Gemälde hängt nun an seinem ursprünglichen Ort im Römischen Haus in Weimar als Dauerleihgabe.
Während ihrer Grand Tour nach Italien wohnte die Herzogin in freundschaftlicher Nachbarschaft mit Angelika Kauffmann in Rom. Ab Oktober 1788 ließ sich die Herzogin von der Künstlerin porträtieren.
Das AKRP-Team hat das Bildnis auch technologisch genau untersucht und interessante Details zusammengetragen.
Autorin: Bettina Baumgärtel
Zitierhinweis:
Baumgärtel, Bettina: Angelika Kauffmann – Werk im Fokus, in: Angelika Kauffmann Research Project – online, https://www.angelika-kauffmann.de/werk-im-fokus [hier Abrufdatum einfügen]